Gregor Hammerl war von 1993 bis zu seinem Ableben im Jahr 2023 ehrenamtlicher Präsident des Hilfswerk Steiermark. Durch seine langjährige politische Karriere verfügte Gregor Hammerl über ein breites Netzwerk und Erfahrung, diese setzte er unermüdlich für den Sozialbereich ein. Dafür wurde er 2017 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich und 2022 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen des Landes Steiermark mit dem Stern ausgezeichnet. Im Jahr 2022 feierte er gemeinsam mit dem Hilfswerk 110 Jahre Engagement: 30 Jahre Hilfswerk Steiermark und seinen 80. Geburtstag. Zu diesem Anlass entstand das nachfolgende Interview.
30 Jahre Hilfswerk – was bedeuten diese 30 Jahre für Sie?
30 Jahre Hilfswerk sind 30 Jahre erfolgreiches Engagement von Menschen für Menschen. Sind 30 Jahre Engagement für die Überzeugung, dass es auch ein Menschenrecht sein sollte, auch bei Einschränkungen zu Hause verbleiben zu können, dass es ein Recht sein muss, sein Leben in größtmöglicher Selbstständigkeit und Eigenverantwortung leben zu können.
Es sind aber auch 30 Jahre, die mich mit Stolz erfüllen, weil ich in diesen 30 Jahren erleben durfte, was entstehen kann, wenn Menschen sich für die richtige Idee engagieren; das Engagement es ermöglicht, dass statt 300 Kunden im Jahr 1992 nun über 11.000 Kunden pro Jahr betreut werden.
Das Hilfswerk ist 1992 aus der Taufe gehoben worden. Können Sie uns mehr über die Anfänge erzählen?
Eine wesentliche Geburtshelferin hierbei war die damalige Landesrätin Waltraud Klasnic. Ausgehend von den Vorarbeiten bei der Gesellschaft für Steirische Sozialdienste hat sie die Gründung des Hilfswerks in der Steiermark maßgeblich unterstützt. Das Hilfswerk Steiermark war praktisch das jüngste Kind der Hilfswerk-Familie. 1992 begann mit der Geschäftsführung von Gerald Mussnig die Aufbauarbeit, welche in vielen Bereichen eine Aufholarbeit war. Während andere Sozialorganisationen in der Steiermark oder in den anderen Bundesländern bereits mehrere hundert Mitarbeiter*innen hatten, starteten wir mit rund 30. Wir waren aber von unserer Idee, dass Selbstständigkeit auch trotz Einschränkungen erhalten bleiben kann, überzeugt; aus dieser Überzeugung erwuchs das Engagement der handelnden Menschen, dass ein Aufbau gelingen kann und wir einen wichtigen Beitrag für die soziale Betreuung in der Steiermark leisten können.
In Ihren Aussagen heben Sie immer wieder das „Engagement“ hervor – warum hat dieses eine so große Bedeutung?
Weil menschliches Engagement für eine Sache die Grundlage dafür ist, dass Neues entstehen kann. Aus Engagement entsteht Verantwortung und die Bereitschaft, diese auch zu übernehmen. Dieses Engagement haben sich beim Hilfswerk alle Mitarbeiter*innen bewahrt und auf diesem Engagement konnten wir in den letzten Jahrzehnten viele verschiedene soziale Dienstleistungen aufbauen und etablieren.
Können Sie uns mehr über das breite Angebot an sozialen Dienstleistungen des Hilfswerks erzählen?
Von der mobilen Kinderkrankenpflege bis zur Gerontopsychiatrie. Von der Kinderbetreuung unserer Kleinsten, über Streetwork bis zur Hauskrankenpflege, von der Nachmittagsbetreuung in der Schule bis zu Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung. Wir stellen für 11.000 Menschen in der Steiermark soziale Dienstleistungen an 365 Tagen im Jahr sicher; und dies seit 30 Jahren. Für unsere Kunden bedeutet dies, dass sie von Mitarbeiter*innen betreut werden, welche teilweise auf 30 Jahre Berufserfahrungen in ihrem Bereich zurückgreifen können. 30 Jahre Erfahrung, welche dem Kunden aber auch den jüngeren Kolleginnen und Kollegen zugutekommen.
Warum hat sich das Hilfswerk nicht im stationären Pflegebereich engagiert?
Vorweg: Pflegeheime sind als ein Bestandteil der Pflege - Versorgungskette wichtig. Wir haben uns jedoch immer dem Erhalt der Selbständigkeit verschrieben. Und diese Selbständigkeit kann ich im vertrauten Wohnumfeld am besten erhalten; deshalb tun wir alles, um Menschen trotz Beeinträchtigungen zuhause zu unterstützen; das Verbleiben im gewohnten Lebensumfeld zu erhalten.
Herr Hammerl – Sie sind durch Ihre Aufgaben im Seniorenbund und auch insbesondere durch Ihre Aufsichtsratstätigkeit im Hilfswerk sozusagen hautnah mit den Auswirkungen der Corona Pandemie in der Praxis konfrontiert. Wie haben Sie diese erlebt?
Die Corona Pandemie war für uns alle neu, da uns in den letzten 100 Jahren keine solche Pandemie heimgesucht hat. Eine völlig neue Situation auf die wir uns alle innerhalb von 14 Tagen einstellen mußten. Deshalb auch an dieser Stelle, ein großes Lob und ein noch größeres Danke an alle Mitarbeiter*innen, dass sie bereit waren sich dieser Herausforderung zu stellen und dass sie diese so gut gemeistert haben. Es ist ja nicht so, dass nur wir uns Sorgen machen, sondern auch trotz aller Ausbildungen auch jene Mitarbeiter*innen, die Hochrisikogruppen betreuen. Aber es war gar nicht die Sorge um die eigene Gesundheit, sondern um jene der Betreuten.
Was haben Sie in der Krise positiv erlebt?
In allen Bereichen und auf allen Ebenen haben sich die Menschen bemüht, sich der Situation anzupassen und Lösungen zu suchen, welche für andere Menschen positiv waren. Bei allen Unzulänglichkeiten haben wir auch gesehen, wozu unsere Gemeinschaft fähig ist und wie viel Kraft und finanzielle Ressourcen bereit gestellt werden können. Man muss akzeptieren, dass ein Pandemiefall eine Ausnahmesituation darstellt, bei welcher nicht alles vorhersehbar ist und auch Fehler gemacht werden.
Auch aufgrund dieser Erfahrung - Wohin soll sich das Hilfswerk in den nächsten 30 Jahren entwickeln?
Auch in den nächsten Jahrzehnten müssen wir unseren Zielen treu bleiben. Wir erleben eine gesellschaftliche Entwicklung, die uns auch in vielen Bereichen Angst macht. Wir erleben die Auflösung bisheriger Lebensbilder, wir erleben einen starken Wertewandel, der Freiheiten schafft, aber auch Unsicherheiten für die Menschen bringt. Menschen werden auch in Zukunft Betreuung und Unterstützung in den verschiedensten Formen benötigen; Menschen werden auch in Zukunft solange wie möglich zu Hause verbleiben wollen; Mitarbeiter*innen werden eine Tätigkeit suchen, die eine hohe Sinnbefriedigung schenkt. Wir arbeiten auch, um einen Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu leisten; wir arbeiten auch, um unsere Werte leben zu können. Tage mit Zuversicht, Freude und dem Gefühl, dass dieser Lebenstag Sinnvoll ist und Tage der Stabilität werden für uns immer wichtiger werden. Hier hat das Hilfswerk seinen Beitrag zu leisten, hierin wird das Hilfswerk seine Aufgabe finden.
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