In den letzten 30 Jahren ist viel passiert. Nicht nur im Hinblick auf unser Wachstum an Mitarbeiter*innen und Angeboten, auch die Arbeitswelt an sich hat sich verändert. Wir haben uns mit Kolleginnen und Kollegen unterhalten, die schon lange Teil des Hilfswerks sind – und mit jenen die ganz frisch zu uns stießen – um ihren Start Revue passieren zu lassen und ihre Gedanken für die Zukunft zu erfahren.
...ist seit 12 Jahren in der Simultania als DGKP tätig. Sie wusste schon seit ihrem Praktikum, dass das der Ort ist, wo sie beruflich hingehört.
...die Fachsozialbetreuerin ist noch nicht so lange im Team in Judenburg und für sie ist jetzt schon klar, dass sie dort auch gerne in Pension gehen würde.
Was hat euch ins Hilfswerk geführt?
Michaela: Ich habe mein Praktikum in der Simultania gemacht und wusste damals schon, wenn ich meine DGKP Ausbildung abgeschlossen habe, möchte ich in der Simultania zu arbeiten beginnen. Ich hatte den Eindruck, hier kann der Mensch noch Mensch sein und das hat mich sehr angesprochen und sich in den 12 Jahren, seitdem ich begonnen habe, immer wieder bestätigt.
Berni: Vor der Simultania war ich in der Hauskrankenpflege tätig. Mich beruflich zu verändern, hat für mich auch bedeutet „raus aus der Komfortzone“ und diesen Schritt habe ich gewagt und bin nun seit 10 Monaten im Team und ich liebe die Arbeit sehr.
Wie war die erste Zeit in eurer Tätigkeit?
Michaela: Mir ist vor allem mein erster Spaziergang allein mit einer Kundin in Erinnerung geblieben. Bei diesem hat sich die Kundin auf den Zebrastreifen gesetzt und sich geweigert, wieder aufzustehen. Wir haben die Situation dann gut auflösen können, dadurch hat sich mir jedoch relativ schnell gezeigt, dass man ohne Geduld und Stärke in diesem Bereich nicht weiterkommt. Jeder Tag bei uns ist anders und schwer planbar.
Berni: Das ist mir noch nicht passiert, obwohl ich auch schon spazieren war (lacht). Also mein erster Eindruck hat mich nur noch mal bestätigt, hier gefällt es mir, hier gehe ich, wenn möglich in Pension.
Hat sich etwas verändert im Gegensatz zu früher?
Michaela: Nein, für mich persönlich hat sich nicht viel verändert. Die Menschlichkeit, die soziale Ausrichtung ist absolut gleichgeblieben, zusätzlich habe ich seit meinem Beginn auch immer die Möglichkeit Fortbildungen zu machen und mich weiterzuentwickeln. Für unsere Kundinnen und Kunden sieht das Ganze natürlich etwas anders aus, bis wir wirklich von einer inklusiven Gesellschaft sprechen können, ist es noch ein weiter Weg, befürchte ich. Wenn ich unsere Kunden begleite, merke ich das sehr stark, das fängt an, dass wir im Restaurant immer ganz hinten im Eck den Tisch bekommen und hört auf bei Arztbesuchen wo man mit mir spricht anstatt mit der Person die ich im Rahmen meiner Tätigkeit begleite. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass wir hier gesellschaftlich sogar Rückschritte machen.
Berni: Man muss für den Beruf schon sehr gefestigt sein, denn man erntet oft bewertende Blicke und wird schräg angeschaut.
Michaela: Als wäre man eine Außerirdische. Dann hört man oft Bemerkungen wie: „Was du kannst mit denen arbeiten und das ist doch anstrengend.“ Da sind wir von Inklusion wirklich sehr weit weg.
Berni: Es ist häufig von einem Extrem ins andere. Die Reaktionen reichen von „da hast du meinen vollsten Respekt für deine Arbeit“ bis eben hin zu „wie schaffst du das bloß“.
Man muss für den Beruf schon sehr gefestigt sein, denn man erntet oft bewertende Blicke und wird schräg angeschaut.
Was ist das Beste an eurer Tätigkeit?
Berni: Die Freiheit in der Arbeit, es ist einfach ein Traum, hier tätig zu sein. Es herrscht ein hohes Maß an Wertschätzung.
Michaela: Die Arbeit direkt mit dem Menschen, ohne Zeitdruck. Dafür habe ich ja auch meine DGKP Ausbildung gemacht.
Inwiefern seid ihr durch eure Arbeit geprägt worden?
Michaela: Für mich ist es jedenfalls die Abgrenzung, die ich gelernt habe, die Gesellschaft ist gegenüber Menschen mit Beeinträchtigung oft sehr verurteilend. Ich höre Sätze wie: „Schau die sitzt mit 5 Behinderten am Tisch.“ Das erschreckt mich sehr, denn unsere Kundinnen und Kunden sind ganz normale Menschen.
Berni: In meinem sozialen Umfeld sind die Menschen zum Glück sehr offen.
Michaela: Das ist bei mir auch so, aber gerade im öffentlichen Raum ist es oft schwieriger.
Berni: Das stimmt, unsere Kundinnen und Kunden werden oft wirklich ignoriert oder es wird so getan, als wären sie nicht anwesend, das kann sehr schmerzhaft sein.
Michaela: Richtig, denn sie sind erwachsende Menschen, die auch so behandelt werden möchten.
Was ist ein wichtiger Satz über euren Beruf?
Michaela: Ich gehe jeden Tag gerne arbeiten und das schon viele Jahre, so ein Glück hat nicht jede*r.
Berni: Man macht jeden Tag neue Erfahrungen in diesem Beruf, ich möchte keine davon missen.
Was kann man von Menschen mit Beeinträchtigung lernen?
Michaela: Ehrlichkeit und Selbstbewusstsein.
Berni: Herzlichkeit und den liebevollen Umgang miteinander. Auch Bescheidenheit und zufrieden sein mit den kleinen Dingen.
Michaela: Unsere Kundinnen und Kunden sagen, was sie denken, viele Menschen tun dies nicht.
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