Isabella Mitteregger ist nach 30 Jahren Aufbau und Pionierarbeit beim Hilfswerk Steiermark in Pension gegangen. Wir haben mit Ihr über die ersten Jahre der Hauskrankenpflege und deren Herausforderungen gesprochen. Und dabei entdeckt, dass in Isabella nicht nur eine Pionierin steckt, sondern auch eine trittsichere Abenteurerin und eine humorvolle, weise Seele.
Vielen Dank, dass du dich dazu bereiterklärt hast uns dieses Interview zu geben. 30 Jahre Hilfswerk, herzliche Gratulation für diese Leistung.
Ganz am Anfang war ich nicht so sicher, dass ich 30 Jahre bleiben würde, wir haben immer gescherzt: „Wahrscheinlich sind wir nächstes Jahr woanders.“ Aber nach und nach kamen weitere Kolleginnen dazu und so wurden wir rasch immer mehr und der Stützpunkt ist stetig gewachsen.
Du hast geholfen den Stützpunkt der Mobilen Dienste in Fürstenfeld mitaufzubauen. Waren das prägende Jahre in deinem Berufsleben?
Als wir 1990 gestartet sind war es noch die Gesellschaft für steirische Sozialdienste und das war sicher auch die prägendste Zeit innerhalb der Aufbauarbeit. Wir mussten hohe Eigeninitiative zeigen und ein großes Maß an Aufklärungsarbeit leisten. Was bedeutet Pflege? Was benötigt man um jemanden zu Hause richtig zu pflegen und wie können Mobile Dienste unterstützen. Am wichtigsten war es ein Vertrauensverhältnis zwischen Angehörigen, Kundinnen und Kunden und Hilfswerk MitarbeiterInnen herzustellen.
Das klingt sehr herausfordernd. Gab es am Beginn auch Stolpersteine mit denen du konfrontiert warst?
Natürlich, beispielsweise gab es am Anfang keine höhenverstellbaren Krankenbetten, wir mussten improvisieren, haben teilweise mit Klötzen weitergeholfen. Es war sehr viel Kreativität gefragt, wir haben die Familien in dieser Zeit immer bei allen Fragen unterstützt. Allerdings ist in diesem Bereich dann in den ersten zehn Jahren viel passiert. In den ersten Jahren war auch das Material nicht so wie wir es heute gewöhnt sind, das war teilweise sehr kurios (lacht), von gefransten Tupfern bis hin zu Handschuhen, wie wir sie heute eher von Tankstellen kennen.
1990 gab es, anders als heute auch noch keine Smartphones oder moderne Technik, wie habt ihr damals den Informationsaustausch bewältigt in der der mobilen Tätigkeit?
Smartphones kamen viel später, ja. In den ersten Jahren hatten wir Pager und ein Swatch the Beep, in diesem konnte man drei Nummern einspeichern. Meistens habe ich auf eines der Geräte vom Büro die Nummer geschickt bekommen, die ich anrufen sollte. Daraufhin bin ich sofort zur Post gesaust um zurückzurufen. Genauer gesagt stand ich immer in Ilz in der Telefonzelle, die war schon fast wie mein mobiles Büro, von dort habe ich Patienten und Angehörige angerufen und die Gespräche geführt.
Wenn zu dir jemand sagen würde „Isabella ich möchte gerne in der Hauskrankenpflege arbeiten“, was würdest du antworten?
Dass es ein sehr eigenständiger Beruf mit einem vielfältigen Aufgabengebiet ist, man kommt direkt zu Familien nach Hause und unterstützt diese. Dazu benötigt man neben einem großen Fachwissen natürlich auch Selbstbewusstsein. Wenn man sich für Pflege interessiert, dann sind die Mobilen Dienste mit Sicherheit ein Umfeld in dem man sich selbst verwirklichen kann. Generell fände ich es für alle Menschen toll, wenn sie die Möglichkeit hätten, den Beruf auszuüben, den sie ausüben möchten. Es ist doch schön, wenn man Freude an der Arbeit hat.
Beim Thema Freude, wie wichtig ist auch der Teamzusammenhalt für einen guten Arbeitsalltag? Hast du einen Tipp wie Teamwork klappen kann?
Wichtig ist die gegenseitige Wertschätzung, denn jeder gibt sein Bestes und als wichtig empfinde ich auch den Ansatz „Leben und leben lassen.“ Da wir in der Hauskrankenpflege immer sehr selbstständig gearbeitet haben, sind die Teammomente umso wichtiger für uns gewesen. Man sollte nicht vergessen, dass jeder aus seiner individuellen Biografie heraus agiert und man ändert sich als Mensch auch nicht so leicht. Aber mit Kreativität und Einfühlungsvermögen ist es möglich anderen seine Sichtweise und Wünsche zu erklären, das ist sicher nicht immer ganz einfach, allerdings für ein gutes Miteinander sehr wichtig.
Pflege ist eine herausfordernde Tätigkeit, wie hat dein Ausgleich ausgesehen? Hast du es geschafft dir genügend Auszeiten zu sichern?
Es ist unumgänglich einen Ausgleich zur Arbeit zu finden, denn irgendwann ist der Dienst aus und dann beginnt die Freizeit. Wir haben zu Hause eine „Fast-Landwirtschaft“, der Bezug zur Natur hat mich immer geerdet. Wandern, Radfahren oder auf den Berg gehen sind alles Dinge dich ich immer gerne gemacht habe und mache. Gleichzeitig hatte ich immer die Möglichkeit größtenteils Teilzeit zu arbeiten, was meine Psychohygiene unterstützt hat. Abgrenzung ist sehr wichtig.
Wie ist dir diese Abgrenzung gelungen? Kann man sich immer abgrenzen oder gibt es auch Fälle wo das nicht gelingt?
Beim Großteil der Fälle konnte ich mich gut abgrenzen, allerdings gab es auch Kundinnen und Kunden wo ich besonders berührt war. Wenn das der Fall war habe ich einerseits das Gespräch gesucht mit Kolleginnen oder bin in Selbstreflexion gegangen um herauszufinden warum genau dieses Thema mich so berührt. Aber Älterwerden oder auch Krankheiten gehören einfach zum Leben dazu und so ein Vollprofi kann man nicht sein um sich vollständig davon abzugrenzen. Es vermittelt einem aber in jedem Fall eine gewisse Demut, man erkennt immer wieder, dass nicht die materiellen Güter die wesentlichen Dinge des Lebens darstellen.
War für dich immer klar, dass du das Diplom der Gesundheits- und Krankenpflege machen möchtest?
Vielleicht war es am Anfang nur eine Flause, denn es gibt ja verschiedene Sozialberufe, die Pflege hat sich im Endeffekt für mich als genau passend, richtig und gut erwiesen. Bei der Hauskrankenpflege hatte ich immer den Vorteil meinen Beruf eigenständig ausüben zu können und die Möglichkeit Kreativität, Hausverstand und Menschlichkeit miteinfließen zu lassen. Ich würde es jederzeit wieder so machen.
Hast du gleich nach deiner Ausbildung beim Hilfswerk begonnen oder gab´s davor noch andere Stationen?
Als junge Schwester war ich ganz klassisch auf der Intensivstation bei der Herzüberwachung. Das hat mich aber nicht so ganz erfüllt und nach einiger Zeit habe ich mir eine kleine Auszeit genommen und mir eine Reise nach Griechenland gegönnt. Danach war ich erst auf der Neurologie tätig und später in der Drogentherapie, das war damals ein eigenes 3-Phasen-Programm. Es waren herausfordernde arbeitsintensive Zeiten in denen ich sehr viel für mein Leben gelernt habe.
Du hast dich in die wohlverdiente Pension verabschiedet. Gibt es etwas, dass du dir für die Zukunft der Pflege wünschst?
Was ich mir von politischer Seite wünschen würde ist, dass die Pflege mehr gehört wird. Leute aus der Praxis sollten noch mehr in die Prozesse einbezogen werden, damit könnte man so manchen bürokratischen Aufwand vermeiden.
Vielen Dank für deine Zeit und das Gespräch mit dir. Wer noch mehr von Isabella erfahren möchte hört sich die aktuelle Hilfswerk Steiermark Podcast Folge an.
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