Fassungslosigkeit macht sich angesichts der aktuellen Debatte rund um die Reparatur der Folgen des in Wahlkampfzeiten abgeschafften Pflegeregresses breit – die gestrige ORF-Sendung „Im Zentrum“ kann hier als weiteres Indiz für den fahrlässigen Umgang mit den realen Gegebenheiten der Pflege in Österreich gewertet werden. Der finanzielle Schaden für die Länder ist zwar ärgerlich, aber wird durch eine budgetäre Anstrengung des Bundes behoben werden können. Wie man allerding dem befürchteten Run auf die Heime Herr werden kann, darüber gehen die Meinungen auseinander. „Der wahre Skandal besteht darin, dass das einzige quantitativ relevante Pflegesetting in der Diskussion nicht vorkommt. Vier von fünf Pflegegeldbezieher/innen leben zu Haus in den eigenen vier Wänden, weil Angehörige bzw. mobile Pflege- und Betreuungsdienste dies ermöglichen. Wer den befürchteten Run auf die Pflegeheime ernsthaft begegnen will, muss hier ansetzen und vor allem die mobile Pflege strukturell, finanziell und personell forcieren“, sagt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich, und weiter, „die 24-Stunden-Betreuung ist ein wichtiges Angebot, aber mit fünf Prozent Marktanteil eher eine Nische.“
Politik bleibt Antworten schuldig
„Die demographische Entwicklung lässt kein Entweder-Oder bei der Schwerpunktsetzung im Ausbau des Pflegesystems zu. Wir werden alle Arten der Pflege und Betreuung benötigen, um das Anwachsen der Zahl der Pflegegeldbezieher/innen von aktuell 455.000 auf 750.000 bis 2050 zu bewältigen. Die mobilen Dienste tragen die Hauptlast, es wäre daher ratsam, dieses Dienstleistungsangebot entsprechend seiner Relevanz mit höchster Priorität auszubauen und damit auch dem Wunsch der Menschen nach einem Älterwerden in den eigenen vier Wänden in verstärktem Maße gerecht zu werden“, betont Anselm. „Vorschläge dazu wie beispielsweise die Schaffung eines flächendeckend verfügbaren Angebots zur mehrstündigen Tagesbetreuung zu Hause, die Etablierung von psychosozialen und gerontopsychiatrischen Diensten für Menschen mit Demenz oder Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige liegen auf dem Tisch. Jetzt ist die Politik am Zug“, so Anselm abschließend.
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