Anlässlich des Tages der Elementarbildung am 24. Jänner schlägt das Hilfswerk Alarm. „Die aktuelle Personalsituation in Österreichs Kindergärten und -krippen ist mehr als angespannt. Es kommt bereits zur Schließung von Gruppen“, warnt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich. „Das Problem wird sich weiter verschärfen, wenn wir nichts tun. Die Personallücke wird sich bis 2030 auf 13.700 Personen vergrößern, davon 4.700 Fachkräfte. Würden wir Maßnahmen wie niedrigere Betreuungsschlüssel und elternfreundlichere Öffnungszeiten umsetzen, wie von Expertenseite gefordert, fehlen bis 2030 sogar 20.200 Personen, davon 11.200 Fachkräfte“, sagt Karas. Das Hilfswerk fordert deshalb ein rasches und großzügiges Personalpaket analog zum Pflegesektor und sieht in den aktuell anlaufenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden eine Chance, ein wirksames Maßnahmenbündel auf den Weg zu bringen.
Alarmierende Zahlen, bekannte Gründe, klarer Auftrag
Eine Studie des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (öibf) und der Universität Klagenfurt ging dem Personalmangel auf den Grund. (Eine Kurzfassung der Ergebnisse und Empfehlungen findet sich hier). Sie wurde im Sommer 2022 dem Bildungsministerium vorgelegt, ihre Ergebnisse sind jedoch bisher kaum in die politische Debatte eingeflossen. Im Kindergartenjahr 2020/2021 wurden in Österreich 373.881 Kinder in 9.549 elementaren Bildungseinrichtungen betreut. 27,6 Prozent aller Kinder unter drei Jahren und 92,6 Prozent der 3- bis 5-Jährigen waren 2020 in einer elementaren Bildungseinrichtung. Laut Studie erhöht sich die Zahl der Kinder bis 2030 um 32.600. Davon entfallen 25.200 auf die Altersgruppe der 0- bis 2-Jährigen. 2020 arbeiteten 62.994 Personen in Österreichs elementaren Bildungseinrichtungen. Rund die Hälfte des Personals gehört der Altersgruppe 30 bis 49 Jahre an, je ein knappes Viertel ist unter 30 Jahre alt bzw. zwischen 50 und 60 Jahren. 1,7 Prozent der Betreuer/innen haben das 60. Lebensjahr bereits beendet.
Dies bedeutet, dass in den kommenden zehn Jahren allein durch Pensionsantritte mehr als ein Viertel der derzeit Beschäftigten aus den elementarpädagogischen Einrichtungen ausscheiden werden. Die aktuellen Eintritte in die elementarpädagogischen Berufe können die Ausfälle nicht kompensieren. Hinzu kommt die geringe Verweildauer vieler Pädagoginnen und Pädagogen im Beruf, was laut Hilfswerk nicht zuletzt an den schwierigen Rahmenbedingungen liegt. Der politische Auftrag liege auf der Hand, meint man im Hilfswerk.
Höchste Zeit für Maßnahmen, Finanzausgleich als Chance
„Was uns in der Pflege gelungen ist, muss uns auch in der Elementarpädagogik gelingen. Es ist höchste Zeit, ein adäquates Personalpaket auf den Weg zu bringen“, ist Hilfswerk-Präsident Karas überzeugt. In ein solches Paket würde neben der Attraktivierung der Ausbildung und der Berufsbilder auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die elementarpädagogische Arbeit gehören. Beispielhaft nennt Karas Betreuungsschlüssel nach wissenschaftlichen Standards, weniger bürokratische Belastung für pädagogische Fachkräfte und Anpassungen im Gehaltsbereich. „Außerdem müssen wir die wenig nachhaltigen 15a-Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der elementarpädagogischen Versorgungslandschaft durch ein langfristiges Finanzierungsmodell ersetzen“, ist Karas überzeugt.
Angesichts der beschriebenen Misere sei es auch kein Wunder, dass die Barcelona-Ziele der Europäischen Union in Österreich auch dreizehn Jahre nach der vertraglich vereinbarten Umsetzungsfrist noch nicht erfüllt seien. Dabei gehe es insbesondere um die Verfügbarkeit und Bedarfsgerechtigkeit der Angebote. „Die angelaufenen Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern wären ein guter Anlass, die in der Studie des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung dargelegten Szenarien ernst zu nehmen und die Weichen in der elementaren Bildung neu zu stellen“, meint Karas abschließend.