„Wenn wir eine echte Reform des österreichischen Pflegesystems wollen – und wir benötigen sie dringend – dann braucht es auch den Mut, in neuen Bahnen zu denken“, meint Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich, angesichts der heutigen Präsentation des Pflegekonzepts der ÖVP. Karas fährt fort: „Eine Pflegeversicherung ist jedenfalls ein Ansatz, der uns helfen kann, eine nachhaltige Finanzierung der Pflege zustande zu bringen. Die sofortige Ablehnung der vorgeschlagenen Versicherungslösung, ohne die Überlegungen genauer zu prüfen, halte ich für völlig unseriös. Die Details einer möglichen Umsetzung würden ohnehin noch gründlich zu klären sein, meint Karas.
„Was wir am heute präsentierten Entwurf jedenfalls sehr positiv sehen, ist die Tatsache, dass das Konzept – anders als etliche Vorstöße in letzter Zeit – nicht nur eine Einzelmaßnahe forciert, sondern den Rahmen für ein ganzes Maßnahmenpaket absteckt“, ergänzt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Dass das Konzept nebst der Finanzierung insbesondere auf die Stärkung der Pflege zuhause abstellt, bewertet das Hilfswerk besonders positiv, weil dies den Wünschen der Menschen entspreche, aber auch volkswirtschaftlich sinnvoll sei.
Einige Punkte im Konzept sieht das Hilfswerk Österreich durchaus kritisch, andere unterstützt es ganz explizit, etwa die Weiterentwicklung des Pflegegeldsystems. „Das Pflegegeldsystem in Österreich ist in seinen Grundzügen über ein Vierteljahrhundert alt und stellt bei der Bedarfsfeststellung neben physischen Einschränkungen viel zu wenig auf neurologische, psychosoziale und lebenssituative Faktoren ab, die den Unterstützungsbedarf jedoch maßgeblich beeinflussen“, meint Anselm.
Auch eine verpflichtende Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung (erst recht bei Teilbarkeit) finde die uneingeschränkte Zustimmung des Hilfswerks, ebenso die im Konzept angeführten Verbesserungen – etwa jene für pflegende Angehörige (insbesondere die mehrstündige Tagesbetreuung zuhause) sowie jene in der Demenz- und Palliativversorgung. Die Förderung von Innovation und Digitalisierung, den Abbau von Bürokratie sowie die Erstinformation über Hotlines und Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige sehe man im Hilfswerk ebenfalls positiv, letzteres dürfe aber keinesfalls zur Aufblähung von Verwaltungsstrukturen führen, erläutert Anselm.
Als „alles entscheidenden Schlüsselfaktor“ sieht das Hilfswerk die Gewinnung und Bindung von ausreichend Fachpersonal. Das ÖVP-Konzept trägt dem mit Vorschlägen bzgl. Ausbildung und beruflichem Wiedereinstieg Rechnung. „Wenn wir uns engagierte und professionelle Fachkräfte wünschen, die ihrer sinnstiftenden Arbeit in der Pflege und Betreuung langfristig und motiviert nachgehen, dann werden wir nicht umhinkommen, die Rahmenbedingungen der Arbeit selbst für die Zukunft bestmöglich aufzustellen“ so Anselm abschließend.