In Belastungs- und Krisensituationen reagiert jeder Mensch sehr individuell. Auch die Corona-Pandemie hat diese Unterschiede zum Vorschein gebracht. Die einen ziehen sich verstärkt zurück, andere verfallen in Aktionismus oder negieren die neuartigen Umstände, manche Menschen zeigen erstmal Wut und Zorn, andere wiederum arrangieren sich sehr rasch mit der neuen Situation.
Fest steht: je bewusster wir unseren Umgang mit der Krise gestalten, desto leichter schaffen wir es, ihr zu begegnen. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Stärkung unserer inneren Widerstandsfähigkeit, der sogenannten Resilienz. Sie hilft uns, in bzw. nach Stresssituationen und auch in Krisen mental gesund zu bleiben. So wie wir unser körperliches Immunsystem durch Bewegung, gesundes Essen und frische Luft auf Vordermann bringen, können wir auch unsere psychische Widerstandsfähigkeit gezielt fördern.
Zu den 4 großen Säulen dabei gehören:
- Bandbreite an Gefühlen pflegen. Es ist für uns selbstverständlich, positive Gefühle zuzulassen - Glück, Stolz, Unbekümmertheit, usw. Werden wir aber mit negativen Gefühlen konfrontiert, geraten wir schnell an unsere Grenzen und versuchen meist, sofort gegenzusteuern. Dabei kommt negativen Emotionen immer wieder auch die wichtige Aufgabe zu, uns achtsam werden zu lassen oder uns zu schützen. Sie gehören dazu, wie Licht zu Schatten. Wer einen bewussten Umgang mit der gesamten Bandbreite seiner Gefühle pflegt, wird im Extremfall besser damit zurechtkommen.
- Anerkennen, was ist. Unveränderbare Situationen zu erkennen und vorerst einmal so anzunehmen, das ist für die Problem-bewältigung ein hilfreicher erster Schritt und senkt dabei schon einmal den Stresspegel. Das Akzeptieren einer herausfordernden Situation fällt uns meist schwer, wir können es uns aber mit kleinen Übungen erleichtern: Wenn Sie sich in einer Situation z.B. sehr hilflos fühlen, so formulieren Sie anstatt „Ich bin so hilflos.“ besser in Richtung „Ich habe ein Gefühl der Hilflosigkeit.“ Eine andere Methode: fragen Sie sich, wie die Situation zum Beispiel in einem Comic/Slapstick Film gezeigt werden würde oder wie ein/e Komiker/in darüber berichten würde. Mit diesen beiden Anregungen schaffen Sie eine gewisse Distanz zu ihren eigenen, oft überwältigenden Gefühlen, was wiederum neue Perspektiven auf die Stresssituation ermöglicht.
- Zuversicht pflegen. Menschen, die mit Zuversicht durch eine Krise gehen, haben gelernt, recht rasch zu erkennen, dass trotz der aktuellen Belastungssituation auch etwas Gutes entstehen kann. Als Wahrnehmungsübung dafür bieten sich regelmäßige Fragen an wie: „Wofür bin ich dankbar?“, „Was war heute gut?“ und „Was war noch alles gut?“. Falls Ihnen keine Antwort einfällt, dürfen Sie sich auch fragen „Was würden andere sagen, was heute bei mir gut war?“.
- Konzentration auf die eigenen Fähigkeiten. In der Krise haben wir sehr häufig das Gefühl der Ohnmacht oder Unzulänglichkeit. Hier hilft das gezielte Erstellen einer persönlichen Erfolgsbilanz: welche großen und kleinen Herausforderungen haben Sie bisher in Ihrem Leben bereits bewältigt? Schreiben Sie alle Ihre Fähigkeiten auf, die Ihnen in Ihrem Leben schon mal „geholfen“ haben – auch die, wo Sie meinen, dass sie gar nicht bedeutend sind. Mit dieser Übung stärken Sie Ihr Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit und Sie richten Ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf andere oder die Umstände, sondern auf Ihre Stärken und „Erfolgsstrategien“, die Ihnen auch jetzt hilfreich sein könnten.
Zu den weiteren Säulen für das Aufrechterhalten unserer mentalen Gesundheit gehört auch das Pflegen von Beziehungen: Freundeskreis und Familie geben besonders in schwierigen Zeiten Halt und Unterstützung. Aber auch der Blick in die Zukunft bzw. die eigene Erwartungshaltung spielen eine wichtige Rolle in der Stärkung unserer mentalen Widerstandsfähigkeit.