Morgen, am 7. Juli, steht im Plenum des Nationalrats jenes Paket an Gesetzesvorlagen auf der Tagesordnung, das der Sozialminister und die Klubobleute der Regierungsparteien am 12. Mai 2022 als erste Etappe der Pflegereform vorgestellt haben. In der mit drei Wochen recht knapp bemessenen Begutachtungsfrist hat auch das Hilfswerk zu sämtlichen Gesetzesvorlagen des Pakets Stellungnahmen eingebracht. Besonders groß ist die Freude, dass schlussendlich auch die Heimhilfen in den Genuss der Gehaltsverbesserungen im Pflegebereich kommen.
Berücksichtigung der Heimhilfen im Gehaltspaket größter Erfolg
„Wir freuen uns, dass etliche unserer Anregungen in den nun adaptierten Vorlagen berücksichtigt sind“, sagt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. „Ein besonderes Anliegen war es uns, dass auch Heimhilfen vom Personalpaket der Pflegereform samt Gehaltsaufbesserung profitieren. In der einschlägigen 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zu den Sozialbetreuungsberufen sind Heimhilfen als integraler Bestandteil mobiler Pflege- und Betreuungsteams ausgewiesen. Im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz wird klar auf ihre Funktion in der Basisversorgung verwiesen. Heimhilfen erbringen verantwortungsvolle und unverzichtbare Tätigkeiten im Zuge der Betreuung älterer und chronisch kranker Menschen. Es wäre nicht vermittelbar und auch nicht gerecht gewesen, wenn diese Berufsgruppe, wie ursprünglich vorgesehen, ausgespart geblieben wäre“, so Anselm. Man freue sich beim Hilfswerk daher, dass die Bundesregierung statt der angekündigten 520 Millionen Euro für 2022 und 2023 nun 570 Millionen zur Erhöhung der Gehälter im Pflegebereich vorsieht und davon auch Heimhilfen und Sozialbetreuer/innen profitieren werden.
Lehrende und Praxisanleiter/innen müssen in der Umsetzung berücksichtigt werden
Neben dem Zweckzuschussgesetz, das auf die Verbesserung der Gehaltssituation in der Pflege abstellt, ist ein zweites Zweckzuschussgesetz Teil des Pakets, welches auf die Attraktivierung der Ausbildung zu den Pflegeberufen abzielt. Personen in Ausbildung sollen finanzielle Unterstützung erhalten, damit deren Ausbildungsvorhaben nicht an den Kosten scheitern. Dieses Vorhaben entspricht einer langjährigen Forderung des Hilfswerks und wurde demgemäß bereits in der Begutachtungsphase gelobt. Allerdings wies das Hilfswerk darauf hin, dass es entscheidend sein werde, auch die Ausbildung und Tätigkeit von Lehrenden, Praxisanleiterinnen und -anleitern entsprechend zu berücksichtigen und zu unterstützen. „Genügend geeignete und ausgebildete Fachkräfte für die Ausbildung und Praxisanleitung zur Verfügung zu haben und deren Tätigkeit in den Betrieben entsprechend finanzieren zu können, wird ausschlaggebend dafür sein, ob ein attraktives Ausbildungsangebot verwirklicht werden kann. Schon jetzt sehen wir in der Praxis erhebliche Engpässe“, warnt Anselm. Hier seien laut Hilfswerk insbesondere auch die Länder in der Umsetzung gefordert.
Erweiterte Kompetenzen sind gut, müssen aber auch in die Praxis gebracht werden
Die im Pflegereformpaket vorgesehen Anpassungen im Bereich der Kompetenzen der Berufsgruppen in der Pflege sieht das Hilfswerk überwiegend positiv. „Wir müssen die Erweiterung von Kompetenzen aber auch in die Praxis bringen“, meint Anselm. So sei es etwa Diplomierten Pflegekräften gemäß Gesetz bereits seit sechs Jahren erlaubt, eine Weiterverordnung von Medizinprodukten wie etwa Inkontinenzmaterialien oder Wundauflagen vorzunehmen. „Bedauerlicherweise wurde bisher kein geeigneter Weg gefunden, wie derartige Verordnungen in den Abrechnungskreislauf mit den Sozialversicherungsträgern einzubringen sind“, erläutert Anselm. Dieser Umstand führe nicht nur zu unnötiger Ressourcenbindung und erheblichen Ineffizienzen (insbesondere durch Wege und Wartezeiten bei der Besorgung von ärztlichen Verordnungen), sondern auch zu Unmut und Unverständnis bei den Fachkräften, aber auch bei Betroffenen und Angehörigen. Das Hilfswerk hat jenseits dessen bereits mehrfach den Vorschlag gemacht, die Erstverordnung spezifischer Medizinprodukte ebenso durch Diplomierte Pflegekräfte zu ermöglichen.
Verbesserungen für pflegende Angehörige sind ein „guter Anfang“
Die im vorliegenden Reformpaket vorgesehenen Verbesserungen für pflegende Angehörige werden seitens des Hilfswerks als „guter Anfang“ gesehen. Es bedürfe jedoch dringend weiterer Schritte, um die im Regierungsprogramm vorgesehene Stärkung der Pflege zu Hause und der pflegenden Angehörigen zu bewerkstelligen. „In der zweiten Etappe der Reform muss es neben einer nachhaltigen Finanzierung auch um die Weiterentwicklung der Unterstützungsangebote und der Versorgungslandschaft in Österreich gehen“, ist Anselm überzeugt. So habe man sich mit der wiederholten Kritik des Rechnungshofes auseinanderzusetzen, der plausible Zielsetzungen und eine wirksame Steuerung des Systems ebenso einfordert wie transparente Standards, mehr Gerechtigkeit und eine bessere Leistbarkeit von Unterstützungsdiensten.
„Wir müssen uns mit den Bedürfnissen der Betroffenen beschäftigen, bessere Lösungen anbieten und ermöglichen“, sagt Anselm. Dazu gehören laut Hilfswerk beispielsweise der Ausbau mobiler Dienste samt Überprüfung der Selbstbehalte ebenso wie die Förderung präventiver Angebote oder einer flexiblen und leistbaren Tagesbetreuung zu Hause. „Aber auch in der 24-Stunden-Betreuung haben wir eine große Baustelle. Die Förderung wurde seit fünfzehn Jahren nicht valorisiert. Konzepte zur Sicherung von Qualität und Fairness liegen auf dem Tisch und harren der Umsetzung“, meint Anselm.