Heute, Mittwoch, 24. Mai 2023, präsentierten Sozialminister Johannes Rauch und ÖVP-Klubobmann August Wöginger die Ergebnisse der zweiten Etappe der Pflegereform. Das Hilfswerk als eine der größten gemeinnützigen Pflegeorganisationen Österreichs, kann dem Vorhabenkatalog der Bundesregierung durchaus viel Positives abgewinnen. „Das heute angekündigte Paket enthält viele Maßnahmen, die wir ganz klar unterstützen. Viele davon haben wir ja selbst jahrelang eingefordert“, sagt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerk Österreich. Dazu zählen beispielsweise Verbesserungen bei der Anerkennung der Kompetenzen von Pflegefachkräften und bei der Unterstützung von pflegenden Angehörigen, aber auch die Erhöhung der Förderung für die 24-Stunden-Betreuung.
Offen seien laut Hilfswerk weitere Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit der Pflege- und Betreuungskräfte, eine abgestimmte Vorgangsweise im Bereich der Gewinnung von Pflegekräften aus Drittstaaten, die Absicherung der Qualitätsarbeit in der 24-Stunden-Betreuung und international wettbewerbsfähiger Honorare für die Betreuerinnen bzw. Betreuer, die Verbesserung der Einstufung beim Pflegegeld sowie die Weiterentwicklung von flexiblen Unterstützungsangeboten. „Die Politik muss sich nun der zügigen Umsetzung der angekündigten Maßnahmen widmen. Sie muss sich aber auch der Entwicklung einer intelligenten und nachhaltigen Strategie zu Steuerung, Finanzierung und Ausbau einer bedarfsgerechten und zukunftsfähigen Versorgungslandschaft annehmen“, meint Hilfswerk-Präsident Karas. „Die oft beschworene Stärkung der Pflege zu Hause findet in den aktuellen Entwicklungsdaten keine Bestätigung, ganz im Gegenteil“, so Karas. Die neu gegründete Pflegeentwicklungskommission von Bund, Ländern und Gemeinden müsse sich daher, unter Einbindung von Praktikern und Fachexperten, rasch an die Arbeit machen.
Durchbruch bei Förderung der 24-Stunden-Betreuung, Qualität leistbarer machen
Im Bereich der 24-Stunden-Betreuung sei mit der weiteren Erhöhung auf nun 800,- Euro pro Monat ein echter Durchbruch gelungen. „Darüber freuen wir uns sehr“, sagt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. „Die Förderung hatte sich in den letzten 15 Jahren ohne Erhöhung real massiv entwertet, dieser Wertverlust konnte nun aufgeholt werden. Das hilft den Betroffenen und deren Angehörigen wirklich weiter“, erläutert Anselm. „Schön wäre es, wenn wir jetzt noch einen Modus fänden, wie wir die zusätzlich in Aussicht genommenen Mittel für die Fachvisiten wirksam in die laufende Qualitätsarbeit integrieren könnten“, sagt Anselm. Pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige, aber auch die Betreuerinnen bzw. Betreuer, würden von der Begleitung, Unterstützung und Anleitung durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal massiv profitieren. Die diplomierten Pflegefachkräfte seien beim Hilfswerk für alle Beteiligten – Betroffene, Angehörige und Betreuerinnen bzw. Betreuer – laufend erreichbare Vertrauenspersonen, regelmäßig und bedarfsorientiert vor Ort in den Haushalten. „Es wäre schön, wenn dieses von uns und anderen seriösen Anbietern gelebte Modell für mehr Menschen zugänglich wäre, weil die Kosten der integrierten Qualitätssicherung wenigstens teilweise abgefedert bzw. gefördert würden. In anderen Pflege- und Betreuungssettings ist das ja völlig selbstverständlich“, meint Anselm.
Fortschritt bei Kompetenz von Pflegekräften, Umsetzung beschleunigen
Auch die angekündigte Möglichkeit der Erstverordnung von Medizinprodukten wie Inkontinenz- und Wundmaterial durch Pflegefachkräfte sei ein klarer Fortschritt, meint Hilfswerk-Geschäftsführerin Anselm. „Es ist nicht sinnvoll, wenn Pflegefachkräfte in Bereichen ihrer ureigensten Befähigung und Tätigkeit auf ärztliche Verordnungen angewiesen sind, das erzeugt nur unnötige Wege und Ineffizienzen“, ist Anselm überzeugt. Sie weist aber darauf hin, dass die Umsetzung keinesfalls so lange dauern dürfe wie bei der Weiterverordnung, wo man seit Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen im Jahr 2016 bisher vergeblich auf einen geeigneten Prozess mit den Versicherungsträgern warte. „Was uns besonders freut, ist die Ankündigung von Verbesserungen bei der Berufsanerkennung von Pflegekräften aus Drittstaaten. Das fordern wir seit vielen Jahren und zeigen hier immer wieder Probleme und Lösungen auf“, erläutert Anselm. Zu unberechenbar, zu bürokratisch, zu lange und zu teuer seien die Verfahren. „Zeit, dass sich hier etwas ändert“, freut sich Anselm. „Wir sind gespannt, was hier an konkreten Maßnahmen kommt. Das angekündigte Abstellen auf eine Gleichwertigkeitsprüfung und die Möglichkeit für Pflegeassistentinnen/-assistenten, während des Verfahrens der Berufsanerkennung mit Auflagen bereits im Beruf tätig zu werden, klingen jedenfalls positiv und gehen in die richtige Richtung“, so Anselm.
Verbesserungen für Angehörige, Versorgungsangebote weiterentwickeln
„Die Aufhebung der Bedingung des gemeinsamen Haushaltes für den Angehörigenbonus ist ein Gebot der Fairness gegenüber pflegenden Angehörigen“, meint Hilfswerk-Präsident Othmar Karas. Positiv sei auch zu bewerten, dass im Bereich der Pflege-/Familienhospizkarenz ein Modell für Selbständige in Aussicht gestellt wird, das auch diesen die Begleitung pflegebedürftiger und sterbender Angehöriger besser ermöglicht. „Gerade in Zeiten, in denen wir eine zunehmende Zahl von Einpersonenunternehmen haben, ein wichtiger Schritt“, sagt Karas. Eine langjährige Forderung des Hilfswerks sei der angekündigte Einsatz von Pflegekräften bei der Einstufung zum Pflegegeld. Die Kompetenzen von Pflegekräften seien eine ausgezeichnete Grundlage für die Beurteilung des Pflegebedarfs, nicht nur bei Erhöhungsanträgen wie bisher. Karas weist darauf hin, dass für pflegende Angehörige letztlich ein flexibles und leistbares Angebot an konkreten Unterstützungsleistungen in der Pflege und Betreuung ausschlaggebend sei. Das würde auch die praktische Arbeit des Hilfswerks mit Angehörigen deutlich zeigen. Die Arbeit der Pflegentwicklungskommission von Bund, Ländern und Gemeinden zur Weiterentwicklung der österreichischen Versorgungslandschaft werde daher entscheidend sein, meint Karas abschließend.