Österreich treibt auf einen Fachkräftemangel historischen Ausmaßes zu. Ein wesentlicher Grund neben der demografischen Entwicklung: die mangelnde MINT-Ausbildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik), insbesondere von Frauen und Mädchen. Bildungsforschung, Wirtschaft und Industrie sind sich darin einig, dass eine möglichst frühzeitige MINT-Förderung einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Fachkräftemangels darstellt und auch Frauen eine erfolgreiche Bildungs- und Berufskarriere in Aussicht stellen kann. Ihre Forderung lautet: MINT-Förderung muss bereits in elementarpädagogischen Einrichtungen fixer Bestandteil des Lernangebots sein.
Dass der MINT-Arbeitsmarkt boomt, zeigt eine Analyse der Industriellenvereinigung (IV)*. Bis zum Jahr 2035 werde mit einem Plus von 3,5 Millionen zusätzlichen MINT-Jobs in Europa gerechnet. Doch bereits jetzt sei der Fachkräftemangel im MINT-Bereich eklatant: Rund 40.000 MINT-Talente fehlten der Industrie schon heute, weitere 60.000 MINT-Stellen würden bis 2030 zu besetzen sein*. Um den Innovationsnachwuchs von morgen zu sichern, sei eine frühe und kontinuierliche MINT-Förderung entscheidend. „Wir leben in einer technikorientierten Welt, MINT-Kompetenzen sind daher immer stärker gefragt. Bereits jede dritte offene Stelle in Österreich ist dem MINT-Bereich zuzuordnen. Wenn wir es schaffen, unsere Kinder schon früh für den MINT-Bereich zu begeistern, dann machen wir ihnen diese Chancen zugänglich. Unsere Kindergärten werden damit zu Sprungbrettern in die Zukunft“, betont IV-Experte Dr. Wolfgang Haidinger.
Frühe MINT-Förderung für bessere Zukunftschancen
Je früher die MINT-Förderung beginnt, umso besser. „Studien belegen, dass die Förderung von Talenten und Interessen im Alter zwischen 0 und 5 Jahren den größten Effekt zeigt. Wenn Kinder schon in jungen Jahren altersgerecht und spielerisch mit Naturwissenschaften und Technik in Berührung kommen, stärkt das nachweislich ihr langfristiges Interesse an MINT und führt zu einer positiven Einstellung sowie zu besserem Verständnis in späteren Jahren“, erklärt Rebecca Janker, Bildungsexpertin und Leiterin des Bereichs Kinder, Jugend, Familie und Psychosoziale Dienste beim Hilfswerk Österreich. Damit profitieren Kinder also auch hinsichtlich ihrer Bildungs-, Berufs- und Zukunftschancen.
Ungleichheiten abbauen, Mädchen im Alltag, in der Schule und im Kindergarten fördern
Weltweit geht viel Forschungspotenzial verloren, da zu wenige hoch qualifizierte und gut ausgebildete Frauen in der Forschung arbeiten, so die UNESCO. Laut dem UNESCO-Institut für Statistik liegt der weltweite Frauenanteil in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit bei unter 30 Prozent. Ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Ungleichheit in den Wissenschaften sei der Abbau der Hindernisse für Mädchen und Frauen im privaten Umfeld sowie im Unterricht und am Arbeitsplatz*.
Der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft am 11. Februar soll daher an die entscheidende Rolle erinnern, die Mädchen und Frauen in Wissenschaft und Technologie spielen. „Immer mehr Länder heben die Wichtigkeit einer naturwissenschaftlichen Bildung bereits in frühen Jahren hervor. Auch Grundlagendokumente der Elementarpädagogik in Österreich, wie z. B. der Bildungsrahmenplan, betonen die Bedeutung früher MINT-Bildung“, erläutert Janker.
MINT-Initiative des Hilfswerk Österreich
Das Hilfswerk Österreich startete 2023 eine umfassende Initiative zu MINT im Elementarbereich sowie in der Nachmittagsbetreuung. Mit dem Fachschwerpunkt „Forschen. Entdecken. Begeistern. Die Hilfswerk Initiative rund um Kinder und MINT“ setzt das Hilfswerk seither selbst unterschiedliche Maßnahmen zur MINT-Förderung um. Ein spezifisches Fortbildungsprogramm, eine Online-Plattform und Lernplakate unterstützen die 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kinder- und Jugendbereich dabei, MINT-Themen in den pädagogischen Alltag zu integrieren. „Damit stärken wir unsere Pädagoginnen und Pädagogen sowie die von ihnen betreuten Kinder“, sagt Janker. „Denn wer mit positiver Einstellung und erlebter Selbstwirksamkeit an naturwissenschaftliche oder technische Inhalte herangeht, vermittelt sie auch Kindern nachweislich besser.“ Zu den weiteren Maßnahmen zählen die Broschüre und Online-Plattform „MINT BRINGT’S“ für Eltern und Erziehende, eine Social Media Kampagne (u. a. mit TikTok-Videos von Experimenten) sowie die 2023 absolvierte Roadshow „Hilfswerk on Tour“ quer durch Österreich.
MINT-Gütesiegel für Hilfswerk-Betriebskindergarten Fronius KinderLand
Im Betriebskindergarten von Fronius in Sattledt/OÖ sind Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik allgegenwärtig. Experimente und die spielerische Auseinandersetzung mit entsprechenden Themen sollen die Scheu vor MINT-Fächern bereits im Kindergartenalter nehmen und das Interesse an technischen Themen – speziell auch bei Mädchen – stärken. Der Kindergarten wird vom Hilfswerk OÖ betrieben. 2023 erhielt er das MINT-Gütesiegel. Kindergartenleiterin Anke Dopona erläutert die Zugangsweise: „Die Auseinandersetzung mit MINT-Themen ermöglicht einen wertvollen Lernprozess, die Kinder sammeln wichtige Erfahrungen. Wir bauen die Experimente direkt in den Alltag ein, indem wir der Schwerkraft begegnen, wenn wir Spielkugeln fallen lassen, oder in die Welt der Mathematik eintauchen, wenn wir Gegenstände zählen. Wir backen gemeinsam Brot, bauen Kresse an, bestaunen Spinnen unter der Lupe oder sortieren Kleinstteile mit Pinzetten.“
Das Fronius KinderLand ist einer von derzeit 48 Kindergärten in Österreich (davon drei des Hilfswerks), die das MINT-Gütesiegel tragen. Es gilt für drei Jahre und wird an Bildungseinrichtungen verliehen, die mit verschiedenen Maßnahmen innovatives und begeisterndes Lernen im MINT-Bereich fördern. „Wir wollen schon früh das Interesse für Naturwissenschaften wecken“, sagt Fronius Geschäftsführerin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß: „Mathematik gilt in der Schule als Angstfach, ein technischer Beruf als nicht attraktiv – und das oft nur, weil eine entsprechende Förderung von Anfang an verpasst wurde. Wir wollen dem entgegensteuern.“
Auch in anderen Kindergärten des Hilfswerks ist man sich der Bedeutung von MINT bewusst. Angebote wie Forscherstationen, Spürnasenecken oder Experimente rund um Mathe, Informatik, Technik und Naturwissenschaften laden die kleinen Forscherinnen und Forscher zum Ausprobieren, Entdecken und Staunen ein. „Der MINT-Schwerpunkt wird in unseren Einrichtungen sehr gut angenommen und mit Begeisterung umgesetzt. Auch die Rückmeldungen der Eltern sind sehr positiv“, sagt Rebecca Janker abschließend.
*https://iv.at/-Dokumente-/Publikationen/Beschaeftigungspotenziale-durch-Schluesseltechnologien.pdf
Über das Hilfswerk
Das Hilfswerk Österreich ist mit seinen Landes- und Teilverbänden einer der größten gemeinnützigen Anbieter gesundheitlicher, sozialer und familiärer Dienste in Österreich. Im elementarpädagogischen und außerschulischen Bereich betreuen derzeit rund 2.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ca. 19.000 Kinder und Jugendliche in mehr als 500 Einrichtungen.
www.hilfswerk.at | facebook.com/hilfswerk.at | instagram.com/hilfswerk.at | www.tiktok.com/@hilfswerk.at
RÜCKFRAGEHINWEIS UND PRESSEKONTAKT
Hilfswerk Österreich
Mag. Barbara Tober
T: +43 1 4057500222 | M: +43 676 878760207