Wien/Beirut (OTS) - 200 Kinder haben es bewiesen: Sport hat nicht nur alle bereits bekannten positiven Wirkungen auf die Menschen, er hilft auch bei der Akzeptanz und Integration von Randgruppen.
Im Hilfswerk Projekt „Sport für Integration im Libanon“ treffen sich 200 sieben bis 14 jährige Kinder seit einem Jahr in fünf libanesischen Dörfern, um gemeinsam Ballsportarten zu spielen. Das Besondere daran ist, dass die Kinder aus unterschiedlichen Ländern sind: libanesische, syrische und palästinensische Kinder treffen aufeinander, während ihr alltägliches Miteinander im krisengebeutelten Libanon schwierig ist. Betreut werden die wöchentlichen Sporteinheiten von psychologisch ausgebildeten Trainern, die die Gruppen einerseits sportlich leiten und sich andererseits um die psychologischen Bedürfnisse der Kinder und um ein respektvolles Miteinander kümmern.
Vorurteile und Diskriminierung
Im Libanon ist dieses Miteinander keine Selbstverständlichkeit: Wegen angespannter Arbeits- und Wohnverhältnisse entstehen Konflikte zwischen syrischen und palästinensischen Flüchtlingen und der libanesischen Aufnahmegesellschaft. Die Konflikte tragen zu Vorurteilen und Diskriminierung von syrischen Flüchtlingen bei. Kinder leiden dabei am meisten. Sie sind laufend Stress und Aggression ausgesetzt und haben kaum ein Ventil dafür. Aus Sicherheitsgründen müssen syrische Kinder lange Zeit in überfüllten, inadäquaten Wohnungen verbringen. Sie haben zu wenige Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen, um Stress und mögliche Aggressionen abzubauen. All diese Faktoren wirken sich negativ auf ihre psychosoziale Entwicklung aus und es ist ihnen so nur schwer möglich, die traumatischen Erfahrungen als Kriegsflüchtlinge zu verarbeiten.
12 Monate mit großer Wirkung
Das gemeinsame Spielen macht dieses Projekt so besonders. Durch den regelmäßigen Austausch lernen sich die Kinder kennen – Vorurteile verschwinden und ein friedliches Miteinander wird gefördert.
Bei einem großen Abschlussturnier konnten die Kinder im August nicht nur unter Beweis stellen was sie sportlich gelernt haben, sondern auch zeigen, dass Integration funktioniert: Ein sicheres Umfeld, geschulte Trainer, psychologische Unterstützung und ein Entkommen des oft schwierigen Alltags ist ein ganzheitlicher Zugang, der wirkt:
“Ich wollte früher nicht mit den Syrern spielen. Hier habe ich aber gelernt, dass wir alle Menschen sind. Wir sollten einander nicht aufgrund unserer Herkunft verurteilen. Heute spiele ich genauso mit den Syrern und es macht Spaß. Das habe ich mir vorher nicht vorstellen können.“ (Hussein, 11)
„Wenn ich an letztes Jahr zurückdenke erinnere ich mich, wie misstrauisch die Kinder anfangs waren. Sie haben automatisch Gruppen gebildet, und wollten nichts miteinander zu tun haben. Dem haben wir entgegen gewirkt. Wir haben den Kindern nicht erlaubt, sich mit „Syrer“ oder „Libanese“ anzusprechen, sie mussten die Namen der anderen Kinder lernen, und auch mit ihnen in Teams spielen. Heute ist das Bild ein ganz anderes. Die Kinder interagieren anders miteinander. Streits werden respektvoller gelöst. Ich spüre, dass die Gruppen im letzten Jahr zu einer geworden sind, und das ist sehr schön.“ (Mohamed, Trainer)
Hilfe aus Österreich
Ermöglicht wird dieses Projekt durch die finanzielle Unterstützung vom Bundesministerium für Öffentlichen Dienst und Sport sowie von österreichischen Privatspenden. „Herzlichen Dank für die Ermöglichung dieses wunderbaren Projektes. Wir sehen so schöne Ergebnisse: wie die Kinder in den letzten 12 Monaten gewachsen sind, wie sie Raum und Zeit für ihre Entwicklung hatten, und wie sie ihre Vorurteile offen ansprechen und daran arbeiten können. Durch Ihre Unterstützung können wir vom Hilfswerk International einen Beitrag zu einer friedlichen Gesellschaft im Nahen Osten leisten.“ – Mag. Stefan Fritz, MBA (Geschäftsführer Hilfswerk International)
Das Hilfswerk International bittet weiterhin um Spenden
Spendenkonto BAWAG PSK, IBAN: AT71 6000 0000 9000 1002 oder unter hilfswerk.at/international
Projektinformationen
Seit 2011 tobt ein Bürgerkrieg in Syrien, eine enorme Anzahl der syrischen Flüchtlinge sind über die Grenze in den Libanon geflüchtet (1,1 Mio.) und leben seit Jahren unter schwierigsten Bedingungen im Land. Der Libanon ist nicht nur aufgrund seiner fragilen Infrastruktur mit der Situation überlastet. Anstrengungen bezüglich Aufnahme der Flüchtlinge ins Schulsystem, die Arbeitsmarktsituation, Gesundheitssektor etc. - das Land kann den Bedürfnissen nicht nachkommen. Kinder wachsen in einem äußerst unsicheren Umfeld auf und haben oftmals keine Möglichkeiten, sich frei zu bewegen oder Freizeitaktivitäten nachzugehen. Es gibt wenige Möglichkeiten zu spielen oder „Kind zu sein“.
Sport leistet einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft und für die Gesundheit der Kinder, da dadurch Stress und Aggressionen abgebaut werden. Kulturelle und soziale Ungleichheiten spielen dabei keine Rolle, vielmehr werden die Kinder über Sport – vor allem Mannschaftsport – zu Integration und Fair-play erzogen. Sie lernen andere wertzuschätzen, zu respektieren und alle am Spiel Beteiligten erwerben die Fähigkeit, sich in eine Gruppe zu integrieren. Sport schafft Identifikation und verbindet dadurch Buben und Mädchen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Die Ziele des Projektes sind die Entwicklung einer friedlichen und inklusiven sowie die Stärkung des sozialen Zusammenhalts unter den Kindern und ihre Unterstützung bei Bewältigung von Traumatisierung.
Von diesem Projekt profitieren unmittelbar 200 syrische, libanesische und palästinensische Kinder zwischen 7 und 14 Jahren (je 20 Kinder pro Dorf, je 5 Spieler/innen pro Team, 1 Training pro Woche) in folgenden Dörfern im Südlibanon: Tbnine, Zefta, Aidaysseh, Abra, Maghdouche, Bint Jbeil und Saida